Neulich bei Might & Magic Heroes 6 (welches eigentlich „Heroes of …“ heißen müsste, aber das ist ein anderes Thema): „You’ve been disconnected. You will be returned to the Main Menu.“ – Danke, CONFLUX bzw. uplay. Das war völlig unnötig. Wie wäre es statt dessen mit einem Hinweis, dass mein Fortschritt nicht mehr mit den Servern synchronisiert wird? Nein: rausgekickt werde ich. Das Ganze läuft über Steam, jener Darling der Spieler, dessen Limitierungen gerne in Kauf genommen werden. Perlen wie diese beispielsweise: „This Game is currently unavailable. Please try again some other time.“ Oder drüben auf dem iPhone: Rock Band stellt mal eben den Betrieb ein. „Thanks for rocking out with us, suckers.“
Seien wir ehrlich: Herr / Herrin der eigenen Games waren wir noch nie. Auch zu Zeiten, als diese noch nicht via Client übermittelt wurde, welcher – zu unserer eigenen Sicherheit, versteht sich – unsere Aktivitäten überwacht. Auch damals gab es Bemühungen, uns beispielsweise das Weiterverkaufen zu verbieten, zu erschweren oder gar ganz zu unterbinden.
Gerade PC-Spieler haben hier einiges mitgemacht. Aber auch auf der Konsole verbreiten sich mehr und mehr Unsitten, welche ausnahmslos zu Lasten der „ehrlichen Kunden“ gehen. Dass DownLoad Content (DLC) in vielen Fällen keiner ist, da sich die Daten bereits auf dem dafür zuständigen Träger befinden, ist kein Geheimnis – Downloads im Kilobyte-Bereich legen nahe, dass hier einzig der Content freigeschaltet wurde, mehr nicht. Bis vor Kurzem war dies noch reine Geldmacherei; mittlerweile besinnen sich die Publisher auch auf andere Werte: es gilt, den Wiederverkauf unattraktiver zu machen – der ursprünglich Kaufende bekommt, was auf der Disc ist, doch beim Weiterverkauf ist für diesen „zusätzlichen“ Inhalt ein Entgelt an den Publisher zu entrichten. Das Spiel ist also neu vollständiger als gebraucht, und zugleich sahnt der Publisher noch einen kleinen Obolus (wohlgemerkt am Handel vorbei) von den Gebrauchtkaufenden ab, falls diese nicht auf den zusätzlichen Inhalt verzichten mögen.
Fein raus ist, wer sich die Games aus anderen Quellen besorgt. Einen überzeugenderern Aufruf zur Software-Piraterie (allein dieses Wort … aber erneut: anderes Thema) kann es nicht geben, als das, was die Publisher ihrem zahlenden Klientel zumuten. Kopierschutz, der den PC ausbremst und eigentlich Malware zu schimpfen wäre; DLC, der keiner ist, aber separat bezahlt werden muss; DRM (Digitale Rechteverwaltung), welches die Anzahl an jemals (!) installierten Kopien limitiert; DRM, welches das Offline-Zocken unterbindet; … alles Dinge, mit denen sich sogenannte Raubkopierer nicht herum ärgern müssen.
Die Spieleindustrie ist stellenweise deutlich in ihrer Intention: es gilt im Zweifel nicht, das illegale Vervielfältigen zu unterbinden, vielmehr geht es einzig, die so hoch geschätzten Verkäufe der ersten Tage nach Release zu stärken. Dass kein Kopierschutz ewig währt, ist jedem klar. Doch ist der Hype um ein Game nur groß genug, wollen es viele direkt zum Release spielen. Anschließend ist die Freude groß, wenn andere Leute, die keinen Cent für das Game gezahlt haben, problemloser drauf los zocken als zahlende Kundschaft …
Drastischere Wege geht beispielsweise Blizzard: dass LAN-Spiele in Starcraft 2 und Diablo 3 nicht mehr möglich sind, hat wohl nichts damit zu tun, dass Leute nicht mehr im LAN zocken (diese Art des gemeinsamen Spielens stirbt wenn überhaupt dann nur deshalb aus, weil es immer weniger neue Games hierfür gibt – beispielsweise bei mir im Haus erfreut sich das LAN nach wie vor großer Beliebtheit; nur die Spiele, die sind von vorgestern), sondern dass vor jedem Spielen der Account verifiziert werden kann.
Den Fans wird das so verkauft, dass sie im Zweifel derartige Limitierungen billigend hinnehmen oder es gar unterstützen: angeblich soll das Cheaten verhindert werden. Und ganz falsch ist das ja nicht, doch es stellt sich die Frage, ob es sich hier nicht mehr um einen Nebeneffekt als um die Hauptmotivation handelt.
Randnotiz: Dass Blizzard mittlerweile mit Activision – kein Kind von Traurigkeit wenn es um die Beutelung der eigenen Kundschaft geht – liiert ist, just in time für SC2, mag mancher für einen Zufall halten, doch wer das tut, glaubt vermutlich auch an den Osterhasen.
Bevor wir uns falsch verstehen: in vielen Fällen kommt DRM mit so mancher Annehmlichkeit daher. Dass ich meine Steam-Games auf allen Rechnern installieren kann, an denen ich arbeite, ist eine nette Sache. Auch, dass ich nicht in den Laden rennen brauche. Dass meine Savegames bei (zu) wenigen Games in der Cloud (sorry für den Gebrauch des Unwort des Jahrzehnts, aber hier trifft es tatsächlich zu) residieren. Und das alle ihren D3-Charakter ordentlich gelevelt und keine Items dupliziert haben. Alles wunderbar. Doch das verschleiert nur die Tatsache, dass ich nicht Eigentümer der von mir gekauften Games bin.
Aber es sind ja nur Spiele, gelle? Es wird ja niemand gezwungen, sich darauf einzulassen, oder? Alles wunderbar. Doch erstens macht das solche Praktiken auch nicht sympathischer, und zweitens geht es hier um Trends: wenn Publisher A mit derlei Mist durchkommt, wäre Publisher B schön blöd, es Publisher A nicht gleich zu tun.
Schöne neue Welt, in der wir Spiele nach Grafikkartenaustausch erst mal wieder neu aktivieren müssen und dies dann als weiteres der maximal drei nutzbaren Systeme zählt, Savegames tutto completti „zu unserer Sicherheit“ online aufbewahrt werden, und der Höhepunkt des Plots erst dann schaffbar ist, wenn wir das passende DLC-Equipment erworben haben. Ich gebe uns noch drei Jahre.
Ich stelle mir grade vor, wie ich mit einem Buch auf der Couch sitze und auf den letzen 10 unbedruckten Seiten steht ‘Wenn du das Ende lesen möchtest, sende einen freigemachten Briefumschlag mitsamt Rückumschlag und 10 Euro an den Verlag’
Das Problem ist aber wie geschildert, dass eben alle diesen Mist mitmachen
wat is DRM?
DRM = Digital Rights Management / Digitale Rechteverwaltung: siehe hier.
Na ja, EA hat ja schon zurückgerudert:
“Rock Band for iOS will remain live – the in-app message users received yesterday was sent in error.”
“We apologize for the confusion this caused. We’re working to clarify the issue that caused the error and will share additional information as soon as possible.”
Ich hab’ ehrlich gesagt nicht die Nutzungsbedingungen gelesen, aber oftmals ist es ja in der Tat so, dass man nur die Lizenz zur Nutzung kauft, nicht das Spiel selbst. Insofern ist es durchaus möglich, dass der Hersteller des Spiels die Lizenz zur Nutzung irgendwann kappen kann, wenn dies schriftlich festgelegt wurde.
@CAP:
Ja, EA ist zurück gerudert – sogar ziemlich schnell. Der Fall tauchte während des Schreibens des Beitrags auf (war also nicht mal Motivation fürs Schreiben – mit iOS hab ich weniger als Nichts am Hut). Die auf dem Fuße folgende Entschärfung (Fehler? Mehr ein Testlauf, huh?) kam dann kurz nach Fertigstellung des Artikels.
Hätte ich als Fußnote hinzu fügen sollen, sorry. War aber eh nur eine Randnotiz.
Nutzungsbedingungen sind jedenfalls Teil des Problems. Dass von klassischem “Besitz” bei Software nicht die Rede sein kann, ist schlimm genug – dass eine zeitliche Begrenzung allerdings stillschweigend in die EULAs gepackt wird, statt an prominenter Stelle erwähnt zu werden (bei gewerblicher Software, bei der nur das Nutzungsrecht für begrenzten Zeitraum erworben wird, weiß man im Vorfeld, auf was man sich einlässt), dürfte ggf. als ungültig durchgehen, zumindest hierzulande – fadenscheinig und zweifelhaft wäre es aber auf alle Fälle.