Im Test: Dreamcast Collection (Xbox 360)

Segas Dreamcast besitzt unter langjährigen Zockern nicht umsonst einen gewissen Kultstatus. Neben dem kurzen Lebenszyklus der letzten Sega-Konsole ist in erster Linie wohl auch die noch lange Zeit aktive Hobby Entwicklergemeinde sowie das generell hochklassige Line Up dafür verantwortlich gewesen. Einen Teil davon präsentiert uns Sega nun in Form der Dreamcast Collection gebündelt auf einer DVD. Vier Titel haben es auf die Collection geschafft, die wir etwas genauer unter die Lupe genommen haben.

Der sehr schlicht gehaltene Titelbildschirm macht dabei sofort klar, welches Games uns auf der Dreamcast Collection erwarten. Mit Sonic Adventure hat man dabei gleich zu Beginn das erste Highlight zu vermelden, welches das am meisten verkaufte Dreamcast-Game überhaupt ist und mit dem sich Sega damals einen ähnlichen Erfolg wie bei Konkurrent Nintendo und deren Mario 64 erhoffte. Mit einer frei begehbaren Oberwelt sowie der Tatsache, dass es Sonics erster Ausflug in die dritte Dimension war, hatte man mit dem legendären Abenteuer des Klempners viel gemeinsam. Da Sonic im Laufe des Spiels auf weitere seiner Freunde wie Tails, Amy und die Katze Big trifft, die jeweils eine eigene Geschichte und mitunter spezielle Level haben, stimmt auch der Umfang. Dieser wird auch durch die Chao-Figuren erweitert. Diese den Tamagotchis ähnlichen Wesen können gesammelt, gefüttert, mit anderen Tieren gekreuzt und in virtuellen Wettrennen aufeinander losgelassen werden. Sonic selbst beherrschte in Sonic Adventure erstmalig den Zielsprung in der Luft, saust ansonsten aber wie man es kennt durch die Actionstages auf der Suche nach Ringen und dem Obermotz Dr. Eggmann. Die einstige Grafikpracht von damals hat dabei viel von ihrer Faszination eingebüßt. Trotz nostalgischer Gefühle für Kenner des Originals merkt man dem Spiel mittlerweile sein Alter deutlich an. Dafür verantwortlich sind neben Pop Ups und Clippingfehlern in erster Linie die hakelige Steuerung des blauen Igels sowie die störrische Kamera, die den Spielspaß deutlich trübt. Dies gilt auch für die schludrige Umsetzung, die dem Game als einzigem auf der Collection sogar den 16:9-Modus vorenthält und dafür hässliche Balken seitlich auf den Screen zaubert. Warum der zusätzliche Content der DX-Erweiterung mit 60 neuen Missionen zwar in den Erfolgen von Anfang an angezeigt wird, aber für 400 Microsoft Points gesondert gekauft werden muss, bleibt ebenfalls ein Rätsel.

Etwas besser umgesetzt wurde dagegen der verrückte Arcade-Racer Crazy Taxi, der damals sensationelle Erfolge feierte und einige Nachahmer nach sich zog. Binnen eines knappen Zeitlimits müsst ihr mit eurem Taxi Fahrgäste aufsammeln und an den gewünschten Zielort fahren. Die Verkehrsregeln spielen dabei keine Rolle, nur die Geschwindigkeit zählt. Bei besonders spektakulären Fahrten und Aktionen lassen eure Fahrgäste in der Regel sogar ein höheres Trinkgeld springen. Der Arcade-Modus mit seinen vier verschiedenen Taxifahrern wird noch um den Original-Modus sowie die mit Aufgaben gespickte Crazy Box erweitert. Dennoch sind die beiden befahrbaren Städte gemessen an heutigen Standards nicht gerade groß. Negativ fällt hierbei vor allem auf, dass dank ausgelaufener Lizenzen nicht mehr die original Musikstücke von The Offspring und Bad Religion aus den Boxen dröhnen und eure wilde Fahrt untermalen, sondern unbekannte Punkbands ein paar Stücke schmettern. Der Sound kracht zwar dennoch, nur geht das Nostalgiegefühl dadurch komplett verloren, da der Soundtrack einen großen Teil des Spielgefühls von Crazy Taxi ausgemacht hat. Die Langzeitmotivation hält sich ebenfalls in Grenzen, für eine schnelle Runde Fahrspaß zwischendurch taugt das Game aber.

Das dritte Spiel im Bunde legt ebenfalls viel Wert auf den Soundtrack uns das Spielgefühl. Space Channel 5 Part 2 ist damit gemeint und man darf sich durchaus wundern, warum nicht zuerst der erste Teil seinen Weg auf die Collection gefunden hat. An der Klasse des ungewöhnlichen Titels ändert das jedoch nichts. Als Reporterin Ulala seid ihr im knappen Outfit unterwegs, um Interviews zu führen und Aliens mit einer Strahlenkanone zu vernichten. Dies geschieht, indem ihr die vorgegebenen Bewegungen im Takt in insgesamt sechs Levels nachahmt. Klingt irre? Ist es auch. Gepaart mit dem psychedelischen Sound, freakigen Charakteren, bei denen sogar Pop-Ikone Michael Jackson einen Auftritt hat und ständigen „Chu Chu“-Rufen eurer Protagonistin bietet Space Channel 5 Part 2 das mit Abstand ungewöhnlichste Spielerlebnis der gesamten Sammlung. Trotz nur sechs Befehlen ist das Game aus heutiger Sicht ziemlich knackig, da es keine Orientierungshilfen wie in modernen Musikspielen gibt und man sich die vorgegebenen Rhythmen einfach merken muss. Der Solomodus fordert das fehlerlose Nachtanzen diverser Choreographien, der Coop-Modus verspricht dagegen mehr als er halten kann, da hier lediglich die Bewegungen und die Aktionen eurer Reporterin auf zwei Spieler aufgeteilt werden.

Abgerundet wird die Collection durch Sega Bass Fishing, welches auf der Dreamcast zusammen mit einem Angelcontroller erhältlich war. Mit dem normalen Controller geht heutzutage ein Großteil des Spielgefühls flöten. Übrig bleibt eine sehr arcadelastige Angel-Action, bei der man mit verschiedenen Ködern unter Zeitdruck möglichst viele und vor allen Dingen schwere Fische an Land ziehen muss. Der Arcademodus ist dabei nicht zuletzt dank unendlicher Continues binnen einer halben Stunde durchgespielt, der Originalmodus bietet dagegen umfangreichere Wettbewerbe zu verschiedenen Tageszeiten, die allerdings ebenfalls nur Genrefreunde länger vor die Konsole fesseln werden. Wer sich für exotische Spielkonzepte begeistern kann, wird mit Sega Bass Fishing aber durchaus die ein oder andere Stunde auf dem virtuellen Boot verbringen.

Fazit

An sich ist die Dreamcast Collection für Retro-Fans eine nette Geschichte, nur gibt es Sonic Adventure sowie Crazy Taxi ohnehin bereits als Downloadtitel für Xbox Live Arcade. Lediglich wer noch keines dieser Spiele in seinem Besitz hat, generell etwas gegen Downloads hat und sich vor allem für das abgedrehte Space Channel 5 Part 2 begeistern kann, darf bedenkenlos zur Dreamcast Collection greifen. Für alle anderen bleibt die Hoffnung, dass Sega noch eine weitere Sammlung aus der Dreamcast-Ära anbietet und dabei etwas mehr Mühe in die technische Umsetzung steckt. Genug Klassiker hat man jedenfalls in der Hinterhand.

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3 Kommentare zu „Im Test: Dreamcast Collection (Xbox 360)“

  1. Für mich ist die Collection völlig uninteressant. Crazy Taxi ist ohne The Offspring und Bad Religion nicht das gleiche, und Bass Fishing muss man einfach mit dem dazugehörigen Controller zocken. Die anderen beiden Spiele sind zwar auch Top aber deswegen werde ich mir die Sammlung trotzdem nicht holen. Gerade das nicht beide Space Channel 5 Teile (Welche ganz nebenbei beide vergessene Klassiker sind. Dringend mal anzocken!) auf der Disc sind stört mich extrem. Das eine Spiel mit drauf zu packen hätte die jetzt auch nicht umgebracht.

  2. Warum haben die nicht einfach Sonic Adventure DX draufgehauen? Das hat nicht nur leicht aufgewertete Grafiken spendiert bekommen, die Kamera wurde auch ein wenig gefixt. Und die Missionen extra downloaden ist ja wohl auch ne Frechheit.

    Bei Sega weiß man wirklich, dass man hier nur ein Produkt kauft, mit dem sie schnelles Geld machen wollen.

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