Im Test: Deponia (PC)


Willkommen auf Deponia, willkommen auf der Müllhalde. Ganz recht, Daedalic Entertainments neues Adventure spielt auf einem Planeten, der komplett von Müll und Schrott überzogen ist. Dabei liefern die Macher von Edna bricht aus, Harveys neue Augen und The Whispered World ein wahres Genre-Meisterwerk ab.

Für Kenner der bisherigen Spiele von Daedalic Entertainment und Jan Müller-Michaelis dürfte schon ein Blick auf Deponia genügen, um deutlich zu machen, von wem das Spiel stammt. Zwar unterscheidet sich der Stil der Charaktere etwas von dem der anderen Spiele, dennoch kommen einem die wieder einmal Hand gezeichneten Figuren und Hintergründe auf gewisse Weise bekannt vor. Dabei versprüht die Zeichentrick-Grafik wie bei den anderen Daedalic-Adventuren einen ganz eigenen Charme, der gewohnt perfekt zu Setting, Geschichte und Humor passt. Gleichzeitig ist dieser Stil auch wirklich Zeitlos, besonders in den tollen Videosequenzen. Selbst in zehn Jahren dürfte Deponia noch genauso schön anzusehen sein wie heute. Aber um was geht es eigentlich in Deponia?

Wie schon in der Einleitung erwähnt, ist Deponia eine Planeten weite Müllhalde. Dort leben – allen Widrigkeiten trotzend – dennoch Menschen. Unter ihnen auch Rufus. Doch Rufus will sich mit dem Leben auf Deponia nicht zufrieden geben. Sein Ziel ist es nach Elysium zu kommen. Dabei handelt es sich um eine schwebende Stadt, die von Deponia aus zu sehen ist. Allerdings sind die Geschichten über diese vermeintlich paradiesische Welt nur Legenden. Dennoch versucht der egoistische, sich stark selbst überschätzende und mit einer gewissen jugendlichen Naivität versehene Anti-Held immer wieder von Deponia zu entkommen. Die Bewohner seines Heimatortes Kuvaq sind schon nichts anderes mehr gewohnt, weshalb kaum jemand ernst nimmt, wenn Rufus zu Beginn des Spiels von seinem perfekten Plan spricht. Gerade Toni, Rufus Ex-Freundin bei der er noch immer wohnt, begegnet ihm mit einer gehörigen Priese Sarkasmus und einer gewissen Schadenfreude, wenn er sich wieder einmal bei einem seiner misslungenen Pläne verletzt. Solche Details zeichnen so gut wie jeden Charakter in Deponia aus und verpassen ihnen dadurch einiges an Tiefe. Es entsteht tatsächlich der Eindruck, dass diese Personen bereits vor den Geschehnissen im Spiel einiges erlebt haben. Sei es nun die eben erwähnte Toni, der kleinwüchsige und selbstsüchtige Wenzel oder Polizist, Feuerwehrmann und Arzt Gizmo.

Doch zurück zur Geschichte: Rufus neuer Versuch zu entkommen ist natürlich wieder einmal zum Scheitern verurteilt, auch wenn er es dieses Mal tatsächlich schafft auf einem der Organon-Kreuzer zu landen. Dabei handelt es sich um riesige Gefährte, die über das Schienennetz fahren, das sich über Deponia erstreckt. Dort begegnet Rufus Goal, einer Elysianerin oder Orbitelfe wie er selbst sie nennt. Bei dem Versuch ihr zu helfen, sorgt Rufus dafür, dass sie von dem Kreuzer auf Deponia fällt, wohin er ihr kurz darauf eher unfreiwillig folgt. Von nun an ist es an euch Goal zu helfen und so Rufus dabei zu unterstützten vielleicht auf diesem Weg nach Elysium zu gelangen. Dass dabei nicht alles so ist, wie es scheint und das der militaristische Organon noch eine gewisse Rolle spielt dürfte klar sein. Die Geschichte ist den Entwicklern von Daedalic erneut ausgesprochen gut gelungen, lediglich das Ende ist etwas ernüchternd. Einige Fragen bleiben offen und es ist schnell klar, dass eine Fortsetzung folgen muss. Diese soll auch noch in diesem Jahr erscheinen. Insgesamt ist Deponia als Trilogie geplant.

Daedalic beweist aber nicht nur mit der Geschichte wieder einmal, dass sie zu den besten Adventure-Entwicklern unserer Zeit gehören. Auch bei den Rätseln liegt eine klare Stärke von Deponia. Besonders gefallen hat uns, dass es fast bis zum Ende immer mehrere Ziele gibt, die ihr vor Augen habt und die Reihenfolge in der ihr diese erledigt, ist vollkommen euch überlassen. Natürlich müssen letztlich alle Rätsel und Aufgaben gelöst sein, bevor ihr weiterkommt und alles bewegt sich im Rahmen der Möglichkeiten eines Adventures, trotzdem gelingt Daedalic hier eine wirklich gute spielerische Freiheit. Schade, dass dies nicht bis zum Ende erhalten bleiben kann. Wie üblich zieht dann die Dramaturgie spürbar an, was aber auch auf Kosten der Rätsel geht. Fortan habt ihr immer nur ein Ziel vor Augen und auch nur noch eine einzelne Aufgabe zu erledigen wodurch das Spiel deutlich linearer, leider aber auch etwas leichter wird. Gleichzeitig sinkt auch die Anzahl der Bildschirme, die ihr erkundet. Bewegt ihr euch zu Beginn für ein einzelnes Rätsel teilweise noch über mehr als fünf Räume, lassen sich am Ende manche Rätsel noch im selben Raum lösen. Vollkommene Freiheiten dürft ihr natürlich zu keinem Zeitpunkt erwarten. Deponia bleibt trotz allem den Adventure-Grenzen treu. Hier wäre in Zukunft etwas mehr Innovation zu wünschen, aber das nur am Rande erwähnt. Zu den Rätseln gesellen sich auch immer gelegentlich Minispiele, die weitgehend gut in das Spielgeschehen eingebunden sind und in ihrer Art simpel, aber durchaus spaßig sind. Alternativ ist es aber auch immer möglich diese kleinen Aufgaben zu überspringen.

Eine weitere große Stärke liegt im Sound. Dabei ist nicht nur die wirklich tolle Musik, sondern auch die exzellente deutsche Sprachausgabe gemeint. Bei letzterer ist jede einzelne Figur perfekt besetzt und die Sprecher klingen alle wirklich motiviert und erwecken die Charaktere gekonnt zum Leben. Das trägt natürlich auch zur bereits erwähnten Glaubwürdigkeit der Personen bei. So sind Tonis Äußerungen nicht nur sarkastisch und schadenfroh, sie klingen auch noch so. Genauso vermittelt die Stimme von Hannek klar die Gemütlichkeit des Bauarbeiters. Dazu kommt ein schönes Spiel mit der deutschen Sprache, wie es nur selten in solcher Klasse zu erleben ist. Das verdankt Deponia natürlich seiner deutschen Herkunft, aber auch dem exzellenten Sprachgefühl der Autoren von Daedalic, allen voran Jan Müller-Michaelis.

Zur Musik von Deponia lässt sich eigentlich nur sagen, dass die einzelnen Stücke wieder einmal perfekt zu den einzelnen Abschnitten passen und das Spiel gekonnt untermalen. Interessantes Detail: Einige Klänge wurden mit Schrott von der Müllhalde eingespielt, was in den Liedern auch zu hören ist. Highlights bei der Musikuntermalung sind ganz klar, die Hussa-Lieder, die sich mit den Geschehnissen zwischen den Akten beschäftigen und von Jan Müller-Michaelis persönlich eingesungen wurden. Erwähnenswert zum Schluss ist noch die wirklich einfache Steuerung. Im Grunde benötigt ihr nur die Maus, um Deponia zu spielen. Die Hot-Spot-Anzeige aktiviert ihr mit der dritten Maustaste, während ihr über das Mausrad das Inventar öffnet und schließt. Damit sollten sogar Anfänger keine Probleme haben sich in Deponia zurecht zu finden.

Fazit

Daedalic Entertainment haben bereits mit ihren bisherigen Werken bewiesen, dass sie es verstehen sehr gute Point & Click-Adventure abzuliefern. Mit Deponia krönt sich das Hamburger Entwicklerstudio selbst zum Genre-Primus. Ich würde sogar sagen zum würdigen Lucas Arts-Erben. Deponia braucht sich in vielerlei Hinsicht nicht vor Genre-Klassikern wie Monkey Island 2 oder Day of the Tentacle zu verstecken. Daedalics Werke mögen zwar in Sachen Rätsel noch nicht ganz an die Lucas Arts-Spiele heran kommen, dafür besitzen Deponia und auch The Whispered World und Harveys neue Augen klare Vorteile bei Story und insbesondere Tiefgang. Zumindest wer die genannten Titel ohne die teilweise vorherrschende Verklärung für die Lucas Arts-Spielen betrachtet, dürfte klar sehen, was ich meine. Viel mehr braucht zu Deponia auch gar nicht gesagt werden: Daedalic krönt sich – trotz des etwas offenen Endes – mit diesem Adventure selbst. Ich bin schon gespannt auf den Nachfolger. Übrigens, ihr findet unser Video-Special zu Deponia bei den Kollegen von „Die Pixelmacher“ in der ZDF-Mediathek.

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